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Blitze

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Blitze

Autor(en):
P. Hasse


Lehrtafel „Entstehung des Blitzes“ (Sammlung Helmut Lindner)

Die vom Feuerbegriff ausgehende Symbolik gehört zu den ältesten bildhaften Darstellungen des Blitzes, sie nimmt ihren Anfang in den archaischen Hochkulturen des gewitterreichen Mesopotamiens als zweigablige Zickzack-Stilisierung, der feurigen Blitzbahn oder als mehrfach gewelltes Blitzbündel. Der Blitzschlag wird zurückreichend bis in prähistorische Zeiten mit einem vom Himmel herabfallenden Stein oder einer herabgeschleuderten Steinaxt in Zusammenhang gebracht. (Spalten von Bäumen, Brechen von Fels, Töten von Lebewesen: Donnerkeil, Donnerstein, Thunderbolt, Pierre de tonnerre, Piedra de rayo).
Experimente mit Reibungselektrizität verursachten einen bedeutenden Schritt in der naturwissenschaftlich begründeten Erkenntnis des Blitzphänomens. Zwar kannten bereits die Griechen etwa 600 v. Chr. die elektrische Wirkung geriebenen Bernsteins, aber erst durch die Erfindungen rotierender Elektrisiermaschinen als Ladungserzeuger und Leydener Flaschen als Ladungsspeicher konnte die Elektrizität soweit intensiviert werden, dass deutlich sichtbare Funken sich prasselnd entluden.

Chronik:
-2200 um 2200 v. Chr. Älteste sichere Blitzdarstellung auf einem Rollsiegel aus altbabylonischer Zeit: Mehrfach gewelltes Blitzbündel, Peitsche an den Donner erinnernd.
-900 um 900 v. Chr.Hethitischer Wettergott Teschup mit dreigabligem Blitzsymbol in Reliefdarstellung.
-700 um 700 v. Chr. Die griechische Kunst übernimmt die Blitzsymbole des Vorderen Orients und ordnet sie dem blitzschleudernden Zeus zu.
-480 um 480 v. Chr. Zeus mit flammendem Blitz auf attischer Trinkschale.
-470 um 470 v. Chr. Zeus von Dodona: Bronzestatuette Zeus mit donnerkeil-schleudernder Macht.
1670 Otto von Guericke baut die erste Elektrisiermaschine mit einer Schwefelkugel und weist auf die Analogie zwischen einer elektrostatischen Entladung im Laboratorium und der Blitzentladung hin.
1698 William Wall stellt die Hypothese auf: Wenn man ein genügend großes Stück Bernstein reibe, müsse es Blitz und Donner wie bei einem Gewitter geben.
1746 Johann Heinrich Winkler publiziert seine Ansicht, dass die elektrische Wolkenladung die Ursache eines Gewitters sei und sich durch Blitze zur Erde entlade
1750 29.07.1750 Benjamin Franklin schlägt ein einem Brief an Peter Collinson von der Royal Society London sein berühmtes Schilderhaus-Experiment vor, mit dem die Hypothese der elektrischen Natur des Gewitters bewiesen werden soll: Eine isoliert stehende Person soll sich im Gewitterfeld mit Hilfe einer Metallstange aufladen und sodann Entladungsfunken erzeugen.
1752 10.05.1752 Der französische Botaniker und Physiker Thomas Francois Dalibard führt in Marly La-Ville bei Paris ein modifiziertes Experiment durch: Eine nahezu 12 m lange Eisenstange mit vergoldeter Spitze wird isoliert gegen Erde errichtet. Unter einer Gewitterwolke zieht sein auf dem Boden stehender Gehilfe Coiffer in Anwesenheit des Dorfpfarrers Raulet einige cm lange Funken aus dem Fuß der Stange. Diese Funken sind anscheinend identisch mit denjenigen aus den Reibungselektrizitäts-Experimenten: Die elektrische Natur des Gewitters gilt nun als bewiesen.
1752 06.1752 Benjamin Franklin gelingt es während eines Gewitters aus der feuchten Schnur eines Drachens kleine Funken zu ziehen - eine weitere Bestätigung der elektrischen Natur des Blitzes.
1753 Ähnliche Experimente werden in "Drachen-Belvedéres" nachvollzogen, bis im August 1753 der Petersburger Physikprofessor Georg Wilhelm Richmann dabei den Tod findet. Der Stangenexperimente sind damit jäh zu Ende.
1781 N.A. Johann Kirchhoff entwickelt eine Vorrichtung, mit der im Experimentierkabinett die Nützlichkeit des Blitzableiters vorgeführt wird.
1897 1897/98F. Pockel´s Laborversuche zeigen, dass der Restmagnetismus, der durch ein magnetisches Feld in einem Stück Basalt induziert wird, nur vom Maximalwert des Feldes und damit vom Maximalwert des das Magnetfeld erzeugenden Stromes abhängt. Pockels analysiert daraufhin Blitzströme aus der Vermessung von Basaltstückchen in der Nähe blitzzerstörter Bäume und von Basaltproben, die er neben dem Blitzableiter auf dem Beobachtungsturm des Monte Ciomone im Appenin angebracht hat.
1921 E.B. Steinmetz erstellt den ersten leistungsfähigen Blitzstrom-Generator, bestehend aus Kondensatorbatterie (200 metallisierte Glasplatten), Hochspannungs-Transformator, Gleichrichterröhre und Zündfunkenstrecke.
1922 Mit diesem Generator führt er T. A. Edison vor, wie durch den künstlichen Blitzstrom ein Baumstück zertrümmert wird.
1924 J.F. Peters erstellt mit seinem Klydonographen in Weiterentwicklung der G.C. Lichtenbergschen Erfindung das erste brauchbare Gerät zur Aufzeichnung von Blitzüberspannungen.
1925 bis 1925 H. Norinder, Uppsala, besucht 1921 A. Du Four in Paris und erkennt die Bedeutung seiner 1897 erfundenen Braunschen Röhre und entwickelt einen Oszillographen für die Messung von Blitzüberspannungen auf Freileitungen. 1925 wird erstmals eine Blitz-Überspannung auf einer 20 kV-Freileitung in der Versuchsstation der königlichen Wasserfalldirektion in Schweden oszillographisch registriert.
1925 M. Toepler schlägt der Studiengesellschaft für Höchstspannungsanlagen vor, Magnetstäbchen in der Nähe von Blitzableitungen einzubauen.
1926 Werden die ersten Versuche mit Stäbchen aus Coercit A (Krupp) gestartet.
1928 K. Berger ein Nestor der Blitzforschung zeichnet an einer 1,2 kV-Leitung der Elektrizitätswerke des Kantons Zürich Blitzüberspannungen auf. Die bis gegen Ende der 1930er Jahre an Freileitungen durchgeführten Messungen zeigen Amplituden der Blitzüberspannungen von einigen 100 kV bis mehreren MV, mit Stirnzeiten im µs-Bereich und Rückenhalbwertzeiten von einiger 10 µs (heute: 1,2 / 50 µs genormte Stoßspannungswelle).
1930 Marx´sche Stoßspannungs-Generatoren werden für experimentelle Schutzraum-Untersuchungen im Laboratorium eingesetzt, um die durch Freileitungs-Erdseile oder durch Blitzfanganordnungen auf Gebäuden einschlaggeschützten Bereiche zu ermitteln.
1934 P.L. Bellaschi und S.W. Roman untersuchen Schmelzwirkungen, sowie mechanische und magnetische Wirkungen von simulierten Blitzströmen.
1934 Hr. Grünwald publiziert die ersten Messergebnisse über Blitzstrom-Scheitelwerte, aufgenommen an Freileitungs-Erdseilen und -Masten an denen 1933 etwa 10.000 hochremanente Stäbchen installiert wurden.
1936 K.B. Mc Eachron gelingt es mit einer von Sir Ch. V. Boys 1900 entwickelten Kamera mit bewegter Linse einen multiplen Blitzeinschlag in das Empire State Building in New York zeitlich aufzulösen.
1936 A. Schwaiger leitet aus Stoßspannungs-Funkenentladungen seine Theorie über viertelkreisförmige Schutzraum-Begrenzungen ab. Weitere Modellversuche zur Schutzraum-Bestimmung folgen: 1937 Akopian, 1939 Matthias, 1942 Wagner, 1961 Drexler, 1967 Bazelian, 1969 Dertz, 1972 Rühling.
1942 1942 - 1973 errichtet K. Berger im Auftrag des Schweizerischen Elektrotechnischen Vereines (SEV) seine legendäre Blitz-Messstation auf einem Rundfunkturm auf dem Monte San Salvatore. Etwa 30 Jahre lang werden dort unter Mitarbeit von H. Binz und E. Vogelsanger die einschlagenden Blitzströme über einen Shunt oszillografiert. Gleichzeitig werden die Blitzeinschläge mit einer Kamera mit bewegter Linse fotografiert. Später wird die Linsenbewegung von B.J. Schonland und K. Berger durch einen Film auf einer rotierenden Trommel ersetzt. Die Blitzbahnen werden somit zeitlich aufgelöst.
1951 H. Baatz veröffentlicht die im Zeitraum 1933 bis 1940 in deutschen Freileitungsnetzen gewonnenen Ergebnisse: Größte Blitzstromstärke 60 kA. Hierbei wurde auch die Eignung der Erdseile als Blitzfänger bestätigt.
1958 1958 - 1966 Newman greift eine 1753 von Beccaria in Turin entwickelte Technik auf, mit der mit Raketen, die Drähte hinter sich herzogen, Gewitterelektrizität aus den Wolken zur Erde zu leiten. Von seinem Forschungsschiff Thunderbolt triggert er vor Florida Blitzeinschläge und registriert am Fußpunkt der Drähte den Stromverlauf.
1960 Vom Hochspannungsinstitut der Technischen Hochschule Darmstadt wird, basierend auf einem Vorschlag von E.T. Pierce und R.H. Golde ein Blitz-Zählernetz in der Bundesrepublik Deutschland errichtet.
1960 1960 - 1980 Weitere Zählerstationen werden unter der Federführung der CIGRE in Finnland, Schweden, Norwegen, Dänemark, Großbritannien, Italien, Polen und der Tschechoslowakei aufgestellt ("CIGRE-Zähler"). Diese Messungen werden durch weitere in Zentral- und Südafrika, Japan, Australien, Indien, Singapur und Neuseeland flankiert.
1969 1969 - 1978 An zwei 40 m hohen Fernsehtürmen in der Nähe von Foligno und von Varese werden in Italien automatisch Blitzströme aufgezeichnet.
1973 Die Electrizité de France (EdF) errichtet in St. Privat d´Allier im Massive Central eine Raketentriggerstation mit einem 26 m hohen Mast und studiert das Verhalten von Freileitungsmasten und ihrer Erdungsanlagen bei Blitzeinschlägen. Weitere Stationen folgen in Japan, New Mexico, Florida und Alabama.
1976 1976 - 1981 Die "Blitzforschungsgruppe München" betreibt bei Steingaden im Voralpenland eine Blitztrigger-Station
1977 1977 - 1982 Im Rahmen des Defence Meteorolical Program werden die optischen Signale von Blitzentladungen global aufgezeichnet (durchschnittlich etwa 100 Blitzentladungen je Sekunde).
1979 Vom Hochspannungsinstitut der TU München werden Blitzmessungen vollautomatisch auf dem Sendeturm des Hohenpeißenberg im Voralpenland durchgeführt, wobei eine Induktionsschleife neben dem Blitzableiter-Stab auf der Turmspitze zur Messung der zeitlichen Änderung des Blitzstromes eingesetzt wird. Der zeitliche Verlauf des Blitzstromes wird dann durch numerische Integration des Signals erhalten.
1979 Es werden Blitzortungs-Systeme, die nach einem der drei Grundprinzipien (Laufzeit-Methode, Magnetfeld-Peilmethode, inferometrische Messung) arbeiten, aufgebaut.
1983 An der Universität der Bundeswehr München wird mit der Vermessung der Felder natürlicher Blitze im Bereich des hörbaren Donners begonnen - die Lightning Electromagnetic Impulses (LEMPs) werden für die Gefährdung elektronischer Systeme besonders interessant.
1990 1990 - 1999 Die "Blitz-Forschungsgruppe München", getragen von den Hochspannungs-Lehrstühlen der Universität der Bundeswehr München und der Technischen Universität München übernimmt die Modernisierung und Erweiterung der Strom-Messstation am Hohenpeißenberg: Es werden eine LEMP-Messstation zur synchronen Registrierung des elektrischen und des magnetischen Nahfeldes und eine Videorecorder-Station zur synchronen Aufnahme der Entwicklung des Blitzkanals (bei einem Turmeinschlag) errichtet. Aus den Messergebnissen werden Gefährdungs-Kennwerte für Blitz-Einschläge in hohe Bauwerke (wie Fernmeldetürme, Schornsteine, Windenergieanlagen) festgelegt.
1993 Die University of Florida, Ganisville, USA, führt bis heute Blitztriggerungen in Camp Blanding durch
2000 Heute: Durch die Anwendung der "Crobar-Technik" bei Blitzstrom-Generatoren erreicht W. Zischank eine Ladungsvervielfachung, die eine bessere Ausnutzung des Energiespeichers erlaubt. Es lassen sich heute weit überdurchschnittliche Blitzstoßströme erzeugen, die in ihrem zeitlichen Verlauf den natürlichen Blitzen angeglichen sind. Diese Anlagen werden für die Entwicklung und das Testen von Blitzschutz-Komponenten genutzt.

Zuletzt geändert am 03.04.2017 08:18  von Runde, Andreas