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Freileitungsisolatoren - Hänge- und Kettenisolatoren
Autor(en):
Friedmar Kerbe

Doppelisolator von Ch.E.L. Brown, 1890 - aus Johannsen, Hans Rudolf: Eine Chronologie der Entdeckungen und Erfindungen vom Bernstein zum Mikroprozessor, 2.Aufl., Berlin und Offenbach 1986, S. 151
Beginnend mit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Elektrizität zur Haupttriebkraft der industriellen Entwicklung in Deutschland. Eng damit verbunden war die Entwicklung der Isolatoren. Mit dem Fortschreiten von der Schwachstrom- zur Starkstromtechnik und der Steigerung der Übertragungsspannung wuchsen auch die Anforderungen an die Isolatoren. Man unterscheidet: Schwachstrom-Isolatoren zur Isolierung von Leitungen für Telegrafen-, Telefon- und Signalanlagen; Niederspannungs-Starkstrom-Isolatoren für bis ca. 500 V betriebene Leitungen der Verteilungsnetze und Hochspannungs-Isolatoren für die Energie-Fernübertragung.
Gehörten Stützen-Isolatoren in Glockenform für die Telegrafie zu den ersten Isolatorentypen, so wurden für die Kraftübertragung ab den 1880er Jahren Ölisolatoren verschiedenster Konstruktion eingesetzt. Schließlich wurde mit Erfindung der Delta-Glocke (1897) und deren Weiterentwicklung zum Tridelta-Isolator und parallel dazu ab 1921 des Weitschirm-Isolators und ihrer Normung durch den VDE Ende der 1920er Jahre die Entwicklung der Stützen-Isolatoren abgeschlossen. Gleiches betraf die Entwicklung der Kappen- und Motor-Isolatoren als zwei wichtigen Typenvertretern der Hänge- oder Ketten-Isolatoren. Schließlich mit der Herausbildung des Langstab-Isolators ab Mitte der 1930er Jahre und seiner Weiterentwicklung nach dem 2.Weltkrieg in Konstruktion, Werkstoff, Herstellungs- und Verbindungstechnik wurde dieser Typ in Mitteleuropa zum vorherrschenden Freileitungs-Isolator im Hochspannungsbereich für 110, 220 und 380 kV.
Chronik:
1907 |
Schlingen-(Hewlett)-Hängeisolator bzw.-Abspannisolator nach US-Patent 925 661 v. 31.10.1907 von E. M. Hewlett und H. W. Buck /Jäger, 173; Weicker, 22f/ |
1907 |
Älteste zweiteilige amerikanische Kappenisolatoren verschiedener Konstruktion, u. a. Duncan-Isolator der Locke Insulator Manufacturing Co. und glatter einteiliger Hängeisolator der Porzellanfabrik R. Thomas & Sons Co. /Weicker, 30f/ |
1908 |
Ältester deutscher Kappen-Hängeisolator der Porzellanfabrik Hermsdorf /Weicker, 35f/ |
1908 |
1908/1910 Kappenisolatoren verschiedener Form finden in den USA neben den Schlingen-Isolatoren eine schnelle Einführung /Weicker, 31f/ |
1909 |
Teller-Isolator der Ohio Brass Co. und Hängeisolator (Delta-Glockenform) der Porzellanfabrik Hermsdorf /Weicker, 35f/ |
1910 |
Ältester deutscher Hängeisolator in Tellerform mit grauer Glasur der Porzellanfabrik Hermsdorf, der 1911/12 in D. etwa gleichzeitig zu den USA eingeführt wurde /Weicker, 35f/ |
1910 |
Hängekette mit Schutzringen nach Nicholson /Weicker, 47/ |
1910 |
Vedovelly- oder Sattel-Isolator nach DRP 247 730 v. 26.11.1910 /Weicker, 28/ |
1910 |
1910/1911 Hängeisolator mit in den Isolierkörper eingelassener Metallkappe der Porzellanfabrik Hermsdorf für Tragmaste der ersten deutschen 100 kV-Leitung Lauchhammer-Riesa /Weicker, 38f/ |
1911 |
Abspannisolator der "Fischschwanzform" erstmals von Porzellanfabrik Ph. Rosenthal & Co. A.G., Selb, gefertigt /Weicker, 39f/ |
1912 |
"Bruchsicherer" Hängeisolator nach Alessandri in Mailand /Weicker, 49/ |
1914 |
Kugelkopf-Isolator nach DRP 295 467 v. 30.7.1914 als erster "kittloser" Isolator von F. Scheid in der "Margarethenhütte" Großdubrau der H. Schomburg & Söhne AG /Weicker, 50f/ |
1917 |
Untra-Isolator der 100 kV-Anlage Untra-Stockholm /Weicker, 43f/ |
1919 |
Federring-Isolator der Porzellanfabrik Hermsdorf nach DRP 515 914 v. 17.8.1919, DRP 499 575 v. 31.8.1919 und DRP 409 764 v. 6.8.1922 /Weicker, 52/ |
1920 |
C-Isolator nach DRP 342 285 v. 11.9.1920 der Porzellanfabrik Teltow /Weicker, 51/ |
1921 |
V-Isolator nach DRP 376 024 v. 25.5.21 von A. Vaupel, gemeinsam entwickelt mit der Porzellanfabrik Hermsdorf /Weicker, 52/ |
1922 |
Kegelkopf-Isolator nach DRP 409 334 vom 7.2.1922 der Porzellanfabrik Ph. Rosenthal & Co. A.G., Selb /Weicker, 51/ |
1925 |
Kugelring-Isolator nach DRP 493 002 vom 21.8.1925 der AEG und der Porzellanfabrik Ph. Rosenthal & Co. A.G., Selb /Weicker, 53/ |
1928 |
April 1928 DIN VDE 8060 für Hauptabmessungen der Armaturen |
1930 |
Januar 1930 DIN VDE 8007 für Kappen-Isolatoren |
[1] Argillon GmbH: Firmenprospekte, Redwitz 2005.
[2] Bay, C. H: Durchschlagsichere Isolatoren. AEG-Mitt. 1923, Nr. 8, 258f.
[3] Benischke, Gustav: Die Porzellan-Isolatoren. 2. Aufl., Berlin 1923, 30f.
[4] Draeger, Kurt: Über einige Fragen zur Isolierung von Hochspannungs-Freileitungen. Mitt.: der Porzellanfabrik Ph. Rosenthal & Co. A.G., Heft 13, Berlin 1928.
[5] Draeger, Werner: Persönliche Mitt. v. März 2007.
[6] Hecht, Alfred: Geschichtliche Entwicklung der Elektrokeramik. Ber. DKG 36 (1959) Heft 9, S. 309-318.
[7] Jäger, Kurt: Lexikon der Elektrotechniker. Berlin/Offenbach 1996.
[8] Kerbe, Friedmar: Die "DELTA-GLOCKE". Ein Hochspannungs-Freileitungs-Isolator und die Entwicklung des Werkstoffs Elektroporzellan. Proceedings of the XXth Internat. Congress of History of Science, Liege 1997, p. 155-163. Brepols Publishers n.v., Turnhout 2002.
[9] Kerbe, Friedmar: Keramik für die Elektrotechnik. In: Die Zündende Idee. Keramik in der Technik. Koblenz/Montabaur 1997, S. 34-38.
[10] Reitz, Lothar: Rosenthal Isolatoren GmbH. In: Geschichte der keramischen Hochspannungsisolatoren in Deutschland. DKG e.V. (Hrsg.), Fachausschussbericht Nr. 29, Köln 1991, S. 59-61.
[11] Rother, L.F.W. (Bearb.): Telegraphenbau. Ein Handbuch zum praktischen Gebrauch für Telegraphen-Techniker und Beamte. 3. Aufl., Berlin 1870, S. 69-98.
[12] Weicker, William: Die Leistungen der Porzellan-Industrie für die Elektrotechnik. Techn. Monatshefte. Zeitschrift für Technik, Kultur und Leben 2 (1911), Stuttgart, S. 359-365.
[13] Weicker, William: Streiflichter aus der Entwicklung der Elektrokeramik in den letzten 50 Jahren. Helois. Fach-Exportzeitschrift für Elektrotechnik und Funktechnik 50 (1944) Nr. 5, S. 27-33.
[14] Weicker, William: Zur Geschichte des Freileitungs-Isolators. In: Geschichtliche Einzeldarstellungen aus der Elektrotechnik 3. Band, Berlin 1932, S. 1-66.